Schutz von Raumfahrzeugen gegen Weltraummüll

Schutz von Raumfahrzeugen gegen Weltraummüll

© ESA

Unsere Erfahrung

Das Fraunhofer EMI besitzt langjährige Erfahrung bei der Untersuchung von Hoch­geschwindigkeitseinschlägen auf Komponenten von Raumfahrzeugen. So wurde Anfang der 1980er Jahre ein Schutzschild für die Raumsonde Giotto ausgelegt und getestet, der verschiedene Komponenten auf der Außenseite der Sonde gegen das Bombardement durch kometare Staubpartikel im Schweif von Halley schützte.

In weiteren Studien wurden Solarzellen mit millimetergroßen Kugeln beschossen, die zur Kalibration der durch Weltraummüll und Mikrometeoriten erzeugten Schäden auf LDEF und HST benötigt wurden. Eine große Studie beschäftigte sich mit der Erprobung und experimen­tellen Optimierung des Schutzschilds für das Forschungslabor Columbus der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA), das Teil der internationalen Raumstation ISS werden wird. Durch Einsatz neuer Materialien konnte die Schutzwirkung des Schilds um ein Vielfaches gegen­über der ursprünglich vorgesehenen Variante erhöht werden. 

In einer aktuellen Untersuchung beschäftigt sich das EMI mit den Auswirkungen von Weltraummülleinschlägen auf optische Spiegel, die ihren Einsatz auf einer zukünftigen Generation von Telekommunikationssatelliten haben werden. Die Risikoanalyse umfasste eine eingehende Analyse der Teilchenflüsse, die Durchführung von Simulationsexperimenten und anschließende Berechnung des zu erwartenden Gesamtschadens. 

Unsere Methode

Eine komplette Untersuchung umfasst die Analyse des durch Weltraummüll und Mikro­meteoriten gegebenen Gefährdungspotentials im betrachteten Orbit, die Identifizierung kritischer Komponenten auf der Oberfläche eines Raumfahrzeugs, die Untersuchung der Schädigung dieser Komponenten durch Weltraummüll-Einschläge, die Auslegung von Schutzanordnungen, die Erprobung von Schutzmaßnahmen durch Impakttests sowie numerische Simulationen. 

Analyse des Gefährdungspotentials:

Da sich die Erkenntnisse über die tatsächlichen Teilchenflüsse im erdnahen Orbit rapide ändern, vor allem im Millimeter- und Zentimeter- Bereich, wird am Ernst-Mach-Institut auf aktuelle Daten aus der Fachliteratur zurückgegriffen. Zur Berechnung der Teilchenflüsse in beliebigen erdnahen Orbits kommt Modellierungs-Software von ESA und NASA zum Einsatz (ESA Master-Modell und NASA Ordem 96-Modell). Für detaillierte Untersuchungen steht die Analysesoftware ESABASE/Debris zur Verfügung, mit der die Struktur von Raumfahrzeugen abgebildet und Einschlagswahrscheinlichkeiten auf einzelne Komponenten berechnet werden. 

Experimentelle Untersuchung von Schutzschilden durch Impakttests:

Eine Kernkompetenz des EMI ist die experimentelle Simulation von Impaktvorgängen mit in Europa einzigartigen Impaktanlagen. Sie ermöglichen die Beschleunigung der relevanten Partikelmassen im Bereich von Mikrogramm bis Gramm auf Geschwindigkeiten von bis zu zehn Kilometern pro Sekunde. Mit Hilfe dieser Technologie können fast beliebige Partikelformen beschleunigt werden. Eine umfangreiche Diagnostik, d.h. Drucksensorik und Hochgeschwindigkeitsfotografie, gibt Einblick in jede Phase des Einschlagvorgangs und kann somit zur Optimierung von Schutzanordnungen effektiv genutzt werden.

Identifizierung kritischer Komponenten:

Kenntnis von Art und Lage der betrachteten Komponenten geben Auskunft über bestehende und vermeidbare Risiken. Das Ernst-Mach-Institut verfügt über eine umfangreiche Erfahrung bei der Beurteilung zu erwartender Schädigungen, die zur Identifizierung kritischer Komponenten herangezogen wird.

Untersuchung der Schädigung von Komponenten:

Manche Komponenten wie zum Beispiel Solarpanels können nicht geschützt werden. 
In solchen Fällen kann analytisch und experimentell die maximale Schädigung solcher Komponenten bestimmt werden. 

Auslegung von Schutzanordnungen:

Für die Auslegung von Schutzanordnungen steht ein umfangreiches, anwendungsbezogenes Wissen zur Verfügung, gestützt durch die breite Kenntnis des Verhaltens verschiedenster Werkstoffe und Strukturkomponenten unter Impaktbelastung. In vielen Fällen kann durch leichte und kosteneffiziente Schutzschilde schon ein effektiver Schutz erreicht werden. 

Numerische Simulation:

Die experimentellen Ergebnisse werden durch Computersimulationen ergänzt. Einerseits lassen sich so gezielte Parametervariationen kosten- und zeiteffizient durchführen, anderer­seits kann dadurch das Impaktverhalten bei Kollisionsgeschwindigkeiten untersucht werden, die dem Experiment nicht mehr zugänglich sind. Es lässt sich so überprüfen, ob die Schutz­wirkung eines Schilds auch bei maximalen Kollisionsgeschwindigkeiten noch gegeben ist. Zusätzlich lassen sich alle physikalisch relevanten Parameter wie z.B. Druck, Dichte und Temperatur in jedem Stadium des Einschlagvorgangs aufzeichnen. Eine gezielte Kombination von analytischen Schadensgesetzen und Computersimulationen gestattet es oft schon im Vorfeld einer experimentellen Untersuchung, die jeweils am besten geeignete Schutzanordnung zu identifizieren.