Batteriesicherheit in der Luftfahrt

Ob in persönlichen Geräten oder als Antriebsquelle für zukünftige E-Flugzeuge: Die Sicherheit von Batterien ist ein kritischer Faktor in der Luftfahrt. Die steigende Zahl von Zwischenfällen zeigt, wie groß die Risiken sind. 

Das Fraunhofer EMI arbeitet mit Airbus und der EASA an innovativen Lösungen, um Batteriebrände zu verhindern und die Luftfahrt sicherer zu machen. 

 

Thermisches Durchgehen: Warum Batterie­brände in Flugzeugen besonders gefährlich sind

In den letzten Jahren ist die Zahl der Zwischenfälle, bei denen Batterien in Heimspeichern oder Elektroautos in Brand geraten, alarmierend gestiegen. Diese Vorfälle sind oft auf Produktionsfehler, unsachgemäße Handhabung oder Überladung zurückzuführen und haben nicht nur materielle Schäden, sondern auch Gefahren für die persönliche Sicherheit zur Folge. Dieses auch »Thermisches Durchgehen« genannte Phänomen, das insbesondere in Lithium-Ionen-Batterien auftritt, ist kritisch und kann zu gefährlichen Situationen führen. Es beschreibt einen unkontrollierten Temperaturanstieg in der Batteriezelle, der eine Kettenreaktion auslösen kann, wodurch die Batterie überhitzt, brennt oder sogar explodiert. In der Luftfahrt ist dieses Thema besonders relevant, da ein Batteriebrand im Flugzeug katastrophale Folgen haben kann. Die Enge der Kabine, die begrenzten Mittel zur Brandbekämpfung und lange Flugzeiten zum nächsten Flughafen machen Brände in Flugzeugen besonders gefährlich. Die Auswirkungen eines Brandes in der Luft umfassen die Gefährdung der Passagiere und der Besatzung sowie die Möglichkeit eines Kontrollverlusts über das Flugzeug. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, die Risiken des thermischen Durchgehens und die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten zu verstehen, um daraus geeignete Sicherheitsmaßnahmen ableiten zu können, die die Sicherheit in der Luftfahrt gewährleisten.

 

Wie gefährlich sind Risikofaktor persönliche elektronische Geräte?

Jeder Fluggast trägt ein oder mehrere mobile elektronische Geräte wie Mobiltelefone, Tablets oder Notebooks bei sich. Diese Geräte enthalten oft Lithium-Ionen-Batterien, die bei Beschädigung, Überhitzung oder Fehlern thermisch durchgehen können. Ein Beispiel für die Risiken von Smartphone-Batterien ereignete sich 2016, als die FAA (Federal Aviation Administration) Samsung-Mobiltelefone des Modells Galaxy Note 7 wegen Berichten über Überhitzung und Brände verbot. Nach zahlreichen Vorfällen, bei denen die Geräte in Flammen aufgingen oder explodierten, leitete Samsung eine globale Rückrufaktion ein. Die FAA erließ daraufhin eine Regelung, die Passagieren untersagte, das Galaxy Note 7 an Bord von Flugzeugen zu bringen. Dies verstärkte die Besorgnis über die Sicherheit von Lithium-Ionen-Batterien in tragbaren Geräten. 

Dieser Vorfall zeigt die Notwendigkeit, die Sicherheitsstandards für Batterien in mobilen Geräten zu erhöhen. Dazu gehört auch, das Bewusstsein der Passagiere für potenzielle Risiken zu schärfen, um die Sicherheit an Bord zu gewährleisten. 

Das Fraunhofer EMI untersucht gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und Airbus die Risiken durch Batteriefeuer in modernen Smartphones oder Tablets an Bord von Flugzeugen. Dieses Forschungsvorhaben, LOKI-PED genannt, wird von der europäischen Flugsicherheitsbehörde EASA finanziert. 

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Sichere Nutzung am Bord: Das Fraunhofer EMI erforscht zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und Airbus die Gefahren von Batteriebränden in modernen Smartphones oder Tablets an Bord von Flugzeugen.
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Das Fraunhofer EMI erforscht mit modernster Röntgentechnologie und Simulationen das Verhalten von Hochleistungsbatterien beim thermischen Durchgehen – ein entscheidender Schritt für sichere und leistungsfähige Energiespeicher für vollelektrisches Fliegen.

Die Zukunft: (hybrid-) elektrischer Antrieb

Die klimaneutrale Luftfahrt der Zukunft wird maßgeblich durch technologische Innovationen geprägt, insbesondere durch hybrid-elektrische und vollelektrische Antriebe. Diese Antriebssysteme sind entscheidend für die Erreichung der ehrgeizigen Ziele des Flightpath 2050, welcher darauf abzielt, die CO2-Emissionen der Luftfahrt um bis zu 75 % zu reduzieren. Angesichts der wachsenden Herausforderungen des Klimawandels und der Notwendigkeit, die Umweltauswirkungen des Luftverkehrs zu minimieren, bieten hybrid-elektrische Antriebe eine vielversprechende Lösung. Sie kombinieren die Effizienz konventioneller Triebwerke mit elektrischen Antrieben der Megawattklasse. Vollelektrische Antriebe gehen noch einen Schritt weiter, indem sie eine emissionsfreie Mobilität ermöglichen. Diese Entwicklungen sind nicht nur technologisch faszinierend, sondern auch notwendig, um eine nachhaltige Luftfahrtindustrie zu schaffen, die den Anforderungen der Zukunft gerecht wird. 

 

Megawatt-Antriebe im Flugzeug: mit Batterien den Wandel ermöglichen

Das elektrische Fliegen mit Antrieben der Megawattklasse stellt eine erhebliche Herausforderung für die Batterietechnologie dar, da die benötigte Energiedichte, Gewichtseffizienz und Ladezeiten weit über die derzeit verfügbaren Kapazitäten hinausgehen. Für die Realisierung von vollelektrischen Flugzeugen, die größere Reichweiten und Nutzlasten bieten, müssen Batterien eine Energiedichte erreichen, die weitaus höher ist als die von heutigen Lithium-Ionen-Batterien. Neben Fragen der Gewichtseffizienz und Ladezeiten stellen die Lebensdauer und Sicherheit dieser Hochleistungsbatterien große Herausforderungen an die Forschung und Entwicklung.

Das Fraunhofer EMI ist mit seiner Kombination aus herausragenden technischen Versuchseinrichtungen zur Untersuchung des thermischen Durchgehens großer Batterien, inklusive der Möglichkeit mit bildgebenden Röntgenverfahren während des thermischen Durchgehens in das Innere der Batterie zu schauen, und den Kompetenzen im Bereich der Simulation des thermischen Durchgehens von Batteriezellen, -modulen, und -packs bestens aufgestellt, um die Luftfahrtindustrie auf dem Weg zum elektrischen Fliegen zu unterstützen. 

Hierbei profitiert die Luftfahrtindustrie von dem über Jahre im Kontext der Mobilitätswende aufgebauten Expertenwissen der Wissenschaftler am Fraunhofer EMI. Ein erstes Referenzprojekt, in welchem dieses Wissen in die Luftfahrt übertragen wird, ist das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klima im Rahmen des Luftfahrtforschungsprogramms der Bundesregierung Lufo VI-3 geförderte Vorhaben HYDRO. Im Rahmen dieses Vorhabens untersuchen EMI-Wissenschaftler gemeinsam mit Ingenieuren von Airbus Helicopters wie große Batterien für einen Elektromotor am sichersten in einen Hubschrauber integriert werden können.

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Batterieforschung auf allen Ebenen: Vom Zellverhalten bis zur Systemintegration erforscht das Fraunhofer EMI die Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Batterien. Mithilfe modernster Testverfahren, bildgebender Technologien und Simulationen werden thermische Prozesse analysiert.

Wissen von Automobilindustrie auf Luftfahrt übertragen

Das Fraunhofer EMI spielt eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der Luftfahrtindustrie in der Bewertung und Verbesserung der Sicherheit von Batterien. Angesichts der Herausforderungen, die mit dem thermischen Durchgehen von Lithium-Ionen-Batterien verbunden sind, ist es unerlässlich, robuste Sicherheitsstandards und -protokolle zu entwickeln. Die Expertise des Fraunhofer EMI in der Untersuchung des thermischen Durchgehens und die Möglichkeit, mit innovativen bildgebenden Verfahren tiefere Einblicke in die Batterietechnologie zu gewinnen, ermöglichen es, potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren und zu minimieren. Durch Forschungsprojekte wie LOKI-PED und die Zusammenarbeit mit Airbus Helicopters im Rahmen des Projekts HYDRO wird das gesammelte Wissen und die Erfahrung aus der Automobilindustrie auf die Luftfahrt übertragen. Dies verbessert nicht nur die Sicherheitsstandards für Batterien in der Luftfahrt, sondern trägt auch zur Entwicklung effizienter Lösungen für die zukünftige klimaneutrale Luftfahrt bei. Die fortschrittlichen Technologien und Methoden, die am Fraunhofer EMI eingesetzt werden, sind von zentraler Bedeutung, um die Luftfahrtindustrie auf dem Weg zu sicheren, elektrischen Antrieben der Megawattklasse zu unterstützen und nachhaltig zu transformieren.

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