Medizintechnik
Neues Verfahren zur Krebsdiagnostik
Weniger Strahlenbelastung bei der Diagnose und Behandlung von Brust- und Lungenkrebs: Neues Fraunhofer-Verfahren kombiniert Röntgen und Radar.

Bildgebende Verfahren sind in der Medizin unverzichtbar – egal ob bei der Diagnose, Therapie oder Nachuntersuchung. In der Brustkrebsfrüherkennung beispielsweise domi-niert die Mammographie mit Röntgenstrahlen. Sie liefert schnelle und präzise zweidi-mensionale Bilder. Bei der Krebsdiagnose kommt die dreidimensionale Computertomo-graphie (CT) zum Einsatz. Diese kann aufgrund der hohen Strahlenbelastung selbst zu einem Gesundheitsrisiko werden. Während die natürliche jährliche Strahlenexposition bei etwa 2,1 Millisievert liegt, beträgt die Strahlenbelastung eines Brust-CTs etwa das Dreifache. Im Projekt »MultiMed«, abgeleitet von Multimodale medizinische Bildge-bung in 3D, entwickeln Fraunhofer-Forschende ein Verfahren, das Röntgen und Radar kombiniert. Es kann die Diagnose, Überwachung und Therapie von Brust- und Lungen-krebs nicht nur verbessern, sondern auch schonender gestalten.
Radar in der Medizin: Außenseiter mit Potenzial
Radar ist in vielen Bereichen etabliert: Flughäfen überwachen mit Radar den Flugver-kehr, Autos nutzen Radarsensoren für ihre Assistenzsysteme. In der Medizin ist das Ver-fahren bislang ein Außenseiter. Dabei kann es ebenfalls dreidimensionale Bilder liefern – ohne gesundheitliche Risiken. Zwar hat Radar eine geringere Auflösung und Durch-dringungsfähigkeit im Vergleich zu anderen Verfahren. Dafür liefert es jedoch Materia-linformationen, die andere Verfahren nicht direkt bieten können. Radar erkennt Unter-schiede in der elektrischen Durchlässigkeit und Leitfähigkeit und kann so Gewebever-änderungen identifizieren.
Die Herausforderung besteht darin, die Messwelten beider Verfahren zusammenzufüh-ren. Die Forschenden entwickeln spezielle Methoden, um die Bilddaten beider Systeme miteinander zu verknüpfen. Diese sogenannte Co-Registrierung setzt die gewonnen Radar- und Röntgendaten zueinander in eine räumliche Beziehung.
Um die Bildqualität weiter zu verbessern und innen liegende Bereiche des Körpers mit-tels Radars dreidimensional darstellen zu können, arbeiten die Forschenden an neuen Radar-Rekonstruktionsalgorithmen. So können die Bildqualität erhöht und die Gewebe-eigenschaften besser erfasst werden.
Gleichzeitig wird die Röntgen-CT-Rekonstruktion optimiert: Radardaten fließen in die Röntgenrekonstruktion ein, so dass eine multimodaler CT-Algorithmus entsteht. Das verbessert die Qualität und Detailgenauigkeit der CT-Bilder, reduziert störende Arte-fakte und senkt die Strahlenbelastung.
Das Forscherteam hat bereits erste Messphantome entwickelt, um das Verfahren zu testen. Messphantome sind künstliche Modelle, die realistische Gewebestrukturen si-mulieren und so geeignete Signale für Radar- und Röntgenmessungen liefern.
Ziel: Gewebeveränderungen früh, präzise und strahlenarm erkennen
Am Ende des dreijährigen Projekts soll ein multimodales Laborsystem stehen. Diese Test- und Entwicklungsumgebung kombiniert die Röntgen-CT-Bildgebung mit der Ra-dar-Bildgebung für umfassendere und genauere Analysen. »Der neue Ansatz hat das Potenzial, Gewebeveränderungen frühzeitig und präzise zu erkennen – und das deut-lich schonender als bisher«, betont Projektleiterin Dr. Victoria Heusinger-Heß vom Fraunhofer-Instituts für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut, EMI.
Die Fraunhofer-Gesellschaft fördert das dreijährige Forschungsprojekt. Unter der Lei-tung des Fraunhofer EMI sind die Fraunhofer-Institute für Digitale Medizin MEVIS und für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR beteiligt.


