MMC-Materialentwicklung mit innovativer 3D-Druck-Anlagentechnik

MMC-Materialentwicklung mit innovativer 3D-Druck-Anlagentechnik

© Fraunhofer EMI
Der Master-Slave-Betrieb ermöglicht eine komplexe Prozessführung mit bis zu vier sich folgenden Lasern. Ein Slave-Laser kann zum Vorwärmen des Pulverbetts, ein weiterer zum Aufschmelzen und eine dritte Optik für Temperaturmessungen mittels Pyrometrie verwendet werden.
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Mikrostruktur eines Stahl-Wolfram-MMCs.

Metall-Matrix-Verbundwerkstoffe (metal matrix composites, MMCs) bestehen aus einer metallischen Matrixphase, die durch Partikel oder Fasern verstärkt wird. Durch die Kombination der Werkstoffe können MMCs vorteilhafte Eigenschaften der beiden Komponenten vereinen oder im Hinblick auf wehrtechnische Anwendungen sogar bessere mechanische Kennwerte erreichen als die Einzelwerkstoffe allein.

 

Potenzial und Herausforderung von MMCs

Additive Fertigungsverfahren wie das Pulverbett-basierte Laserstrahlschmelzen (laser powder bed fusion, L-PBF) bieten das Potenzial, neue Verbundwerkstoffe zu designen. Konventionelle Herstellungsmethoden sind oft in Bezug auf Prozesskontrolle, mechanische Eigenschaften oder geometrische Komplexität beschränkt. Daraus ergibt sich eine Limitierung der Werkstoffauswahl für MMCs. Durch innovative Materialkombinationen im 3D-Druck könnten in Zukunft Verbundwerkstoffe mit besseren Eigenschaften entwickelt werden. Durch die gezielte Einstellung von Prozessparametern wie Laserleistung und Belichtungsgeschwindigkeit wird eine Anpassung der mechanischen Eigenschaften für spezifische Anforderungen an Bauteile ermöglicht. Eine lokale Variation von Parametern kann die Eigenschaften auch in definierten Arealen beeinflussen, um so verschiedene Eigenschaftsprofile in unterschiedlichen Bereichen eines Bauteils zu erreichen.

Durch die Kombination verschiedener Werkstoffe wird der Herstellungsprozess jedoch komplexer. Es muss beispielsweise vermieden werden, dass sich an den Grenzflächen der Werkstoffe unerwünschte Phasen, das heißt chemische Verbindungen mit unvorteilhaften Eigenschaften bilden. Für eine kontrollierte Herstellung von MMCs ist deshalb eine Weiterentwicklung der Prozesstechnologie wünschenswert, wie sie mit speziellen Materialentwicklungsstationen möglich ist.

 

Neue 3D-Druckanlage mit neuer Prozess- und umfangreicher Messtechnik

Mit der neu installierten Materialentwicklungsstation des Typs Aconity Midi+ hat das Fraunhofer EMI eine für Forschungszwecke weltweit einzigartig konfigurierte L-PBF-Anlage in Betrieb genommen. Der modulare Aufbau des Systems ermöglicht einen vielseitigen Einsatz der Anlage. Die vier eingebauten Laser können simultan oder nacheinander (im sogenannten Master-Slave-Betrieb) arbeiten. Es können Bauplattformverkleinerungen eingesetzt werden, um in der Materialentwicklung mit kleineren Materialchargen arbeiten zu können. Verschiedene Bauplattformheizungen ermöglichen ein Aufheizen bis zu Temperaturen von 1200 Grad Celsius. Zur Ausstattung gehört außerdem umfangreiche Messtechnik für die Prozessüberwachung und Unterstützung spezieller Versuchsaufbauten, beispielsweise eine Hochgeschwindigkeitskamera, mit der das Aufschmelzverhalten des Materials im Prozess beobachtet werden kann. Weiterhin bieten zwei Pyrometer die Möglichkeit, die Temperatur des Materials in situ zu messen. Durch die Verfügbarkeit von mehreren freien Schnittstellen kann bei Bedarf leicht weitere Diagnostik aufgebaut werden. Neben weiteren neuen Prozessfunktionen, wie der variablen Einstellung des Laserfokus, gibt es auch auf der Softwareseite mehr Freiheiten in Bezug auf die Prozesssteuerung als bei kommerziellen Systemen.

 

Materialentwicklung von neuen MMCs

Kombinationen aus Wolframpartikeln und Stählen oder Tantal als Matrix stellen den bisherigen Fokus der Untersuchungen zu Metall-Matrix-Verbundwerkstoffen am Fraunhofer EMI dar. Spezielle Materialkombinationen wie aus Tantal und Wolfram mit geringem Unterschied in den Schmelztemperaturen der Komponenten erfordern besondere Strategien, um das Matrixmaterial im Prozess aufzuschmelzen, die Verstärkungspartikel jedoch als solche zu erhalten. Für die Herstellung eines solchen Materialsystems wurden in ersten Versuchen zwei Laser im Master-Slave-Betrieb verwendet. Ein Laser heizt dabei das Pulverbett vor, der zweite Laser folgt in einem definierten Abstand und schmilzt das Pulver auf. Hierfür musste zunächst in Vorversuchen bestimmt werden, bei welchen Prozessparameterkombinationen aus Laserleistung und Belichtungsgeschwindigkeit, das heißt bei welchem Energieeintrag, das eingesetzte Pulver nur erwärmt, aber nicht aufgeschmolzen wird. Auf dieser Basis werden aktuell in Master-Slave-Experimenten unter Verwendung der diagnostischen Mittel wie der Pyrometrie mögliche Prozessfenster evaluiert.

Das Potenzial der neuen Anlagentechnik besteht darin, sehr viele Prozesseinstellungen selbst wählen zu können, erhöht dabei jedoch die Komplexität der Forschungsaufgaben. Ziel der Versuche ist die Entwicklung von Methoden für eine effiziente Parameterentwicklung für neue MMC-Materialsysteme.