Schutz kritischer Brücken und Tunnel im Zuge von Straßen – Verbundprojekt SKRIBT

Brücken und Tunnel als kritische Infrastruktur

Brücken- und Tunnelbauwerke stellen aufgrund ihrer geografisch und topografisch bedingten Flaschenhalsfunktion wesentliche, aber auch besonders gefährdete Elemente im Straßennetz dar. Die Beschädigung oder Zerstörung eines einzelnen Bauwerks infolge eines gezielten terroristischen Anschlags, eines Großunfalls oder einer Naturkatastrophe kann bereits einen massiven volkswirtschaftlichen Schaden nach sich ziehen und die Funktionsfähigkeit weiterer wichtiger Infrastruktur und Versorgungseinrichtungen in erheblichem Maße beeinträchtigen.

Im vom BMBF geförderten Verbundprojekt SKRIBT (Schutz kritischer Brücken und Tunnel im Zuge von Straßen) wurden daher die Auswirkungen von Schäden auf die Bauwerke und deren Nutzer bei verschiedenen Bedrohungsszenarien zusammengestellt. Dazu wurden unter anderem Auswirkungen von Brand-, Rauch- und Schadgasausbreitungen sowie von Explosionen berechnet und bewertet. Mithilfe von Risiko- und Szenarioanalysen sowie Kosten-Nutzen-Analysen wurden geeignete Schutzmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin untersucht. Zudem haben die Forschenden einen Leitfaden zum Thema »Ereignismanagement für Straßentunnel« erstellt, der die verantwortlichen Institutionen und Rettungsdienste für Extremszenarien sensibilisieren soll.

© Fraunhofer EMI
1. Versuchsaufbau eines Drahtseils mit einer Schneidladung. 2. Schädigungsbild nach Einwirken einer Schneidladung auf ein ungeschütztes Drahtseil. 3. Versuchsaufbau mit einer Schutzhülle aus Hochleistungsbeton um das Drahtseil samt Schneidladung. 4. Schädigungsbild nach Einwirken einer Schneidladung eines vorab mit Hochleistungsbeton umhausten Drahtseils.

Forschungsarbeiten des Fraunhofer EMI zur Bedrohung durch Terroranschläge: Bauteilverhalten bei Explosionen

Das Fraunhofer EMI untersuchte im Speziellen die Bedrohung infolge terroristischer Ereignisse. Zunächst wurden unter Zuhilfenahme der Terrorereignisdatenbank (TED) Auslegungsszenarien definiert. Im nächsten Schritt wurde geprüft, wie sich diese Szenarien auf ausgewählte Tunnel- und Brückenkomponenten auswirken und mit welchen Maßnahmen die Größe der Schädigung vermindert werden kann. Erkenntnisse zur lokalen Schädigung bildeten wiederum die Grundlage für andere Projektpartner, in deren Fokus das Tragverhalten des Gesamtbauwerks stand.
 

Brücken- und Tunnelbauteile unter hochdynamischer Belastung in Simulation und Experiment

Im Einzelnen untersuchte das Fraunhofer EMI die Brückenelemente Fahrbahn und Pfeiler aus Stahlbeton, Brückenhohlkästen aus Stahlbeton oder Stahl, vorgespannte Brückenkabel und Seilverankerungen sowie Tunnelbauteile. Dabei wurden in Simulation und Experiment Szenarien wie Kontaktdetonation oder Nahbereichsdetonation betrachtet, wie sie zum Beispiel bei Platzierung einer Kofferbombe gegeben wären.

Besonders bei der Untersuchung von Tunnelbauteilen konnte das EMI auf seine Expertise bezüglich Innenraumdetonation zurückgreifen. Im Gegensatz zu Freifelddetonationen tritt bei Innenraumdetonationen eine kombinierte Beanspruchung ein: Einer kurzzeitig einwirkenden Schockbelastung im Bereich von Mikrosekunden folgt ein länger anhaltender Gasdruck im Bereich von Millisekunden. Durch die Begrenzungen des Innenraums treten Mehrfachreflexionen auf, und der Druck baut sich langsamer ab.

Zur Simulation der dynamischen Vorgänge bei Explosionen entwickelt das Fraunhofer EMI eigene Tools, um das Bauteilverhalten bewerten zu können. Zu komplexen Blastausbreitungen findet sich aktuell zum Beispiel der APOLLO Blastsimulator als kommerzielle Software im Angebot des EMI: Apollo – Fraunhofer EMI


Wirksame Schutzmaßnahmen an Brücken und Tunneln

Die vom EMI identifizierten Schutzmaßnahmen gegen Explosionseinwirkung teilen sich in primäre, sekundäre und tertiäre Maßnahmen. Primäre Schutzmaßnahmen, wie der Einsatz von Sicherheitspersonal, sollen bereits im Vorfeld die Entstehung einer potenziellen Explosionslast verhindern. Sekundäre Maßnahmen sind beispielsweise Schutzabstände, mit denen sich ein Sicherheitsabstand und eine Minderung der Stoßwelle realisieren lassen. Unter tertiären Maßnahmen werden schließlich bauliche Maßnahmen verstanden, die nachträglich am zu schützenden Bauwerk angebracht werden und das Widerstandsverhalten verbessern. Hierzu zählen innovative Materialien, die zum Teil am EMI entwickelt wurden. So wurden mit Hochleistungsbeton Umhausungen um Kabel oder Pfeiler angebracht, um den Schädigungsgrad der Bauteile zu mindern. 

© Fraunhofer EMI
Simulation: Mit zunehmender Schutzschichtdicke aus Hochleistungsbeton verringert sich die berechnete Schädigung einer Stahlbetontunnelschale bei gleichbleibender Ladungsmenge.

Weitere Projektinformationen

Verbundprojekt mit zehn Projektpartnern unter Koordination durch Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)

Laufzeit: 1. März 2008 bis 28. Februar 2011

Projektseiten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung:
SKRIBT: Schutz kritischer Brücken und Tunnel im Zuge von Straßen – BMBF-Sicherheitsforschung (sifo.de)

Projektumriss: Schutz kritischer Brücken und Tunnel im Zuge von Straßen (SKRIBT) (sifo.de)

Die Arbeiten wurden im Folgeprojekt »Schutz kritischer Brücken und Tunnel – SRIBT Plus« fortgeführt: Schutz kritischer Brücken und Tunnel (SKRIBTPLUS) (sifo.de)

EMI-Veröffentlichungshighlights aus dem Projekt SKRIBT

A. Stolz, K. Fischer, W. Riedel, Chr. Mayrhofer: »Explosion Resistance of Key Elements in Transport Infrastructure«. Fraunhofer Symposium Future Security, 4th Security Conference, 2009, Karlsruhe, Germany

A. Stolz, K. Fischer, W. Riedel, Ch. Mayrhofer: »Dynamic Response of Bridge Components under Explosive Effects«. Proceedings WISG 2010 – Workshop Interdisciplinaire sur la Sécurité Globale, 2010, Université de Technologie de Troyes

A. Stolz, K. Fischer, W. Riedel, Ch. Mayrhofer, K. Thoma: »Dynamic Bearing Behavior of Bridge Components under Blast Loading«. Proceedings 3rd International Conference on Design and Analysis of Protective Structures (DAPS), Singapore, 2010. Defense Science & Technology Agency Singapore