INACHUS – gewusst wohin: schnelle Lokalisierung verschütteter Personen bei Gebäudeeinstürzen

INACHUS – gewusst wohin: schnelle Lokalisierung verschütteter Personen bei Gebäudeeinstürzen

© INACHUS project
Das Gebäude vor (links) und nach (rechts) Einsturz.
© Fraunhofer EMI
Vergleich der Gebäudenutzung zur gleichen Tageszeit am Wochenende (oben) und wochentags (unten). Die Priorisierung von Rettungseinsätzen hängt von der aktuellen Lage ab.
© Fraunhofer EMI
Detaillierte 3D-Ansicht der mittels des Cavity Identification Tools entdeckten Hohlräume.

Im EU-Projekt INACHUS (Technological and Methodological Solutions for Integrated Wide Area Situation Awareness and Survivor Localisation to Support Search and Rescue (USaR) Teams) werden neue Technologien entwickelt, um Such- und Rettungsmannschaften zum Beispiel im Falle eines Erdbebens zu unterstützen. Für das Ziel einer schnellen Lokalisierung verschütteter Personen in kollabierten Gebäuden ist das EMI mit seinem Cavity Identification Tool (CIT) zuständig.

Ein Erdbeben hinterlässt Chaos und Schutt. Um sich darin orientieren und Rettungskräfte effizient und gezielt einsetzen zu können, bedarf es Unterstützung. In Stadtgebieten müssen mögliche Rettungsrouten identifiziert und Rettungsziele priorisiert werden, ebenso gilt es, per Einzelbewertung von Gebäuden automatisiert Hohlräume ausfindig zu machen, wo man Verschüttete vermutet. Gleichzeitig ist es nötig, die Stabilität eines Gebäudes zur Sicherheit der Rettungskräfte richtig einschätzen zu können. Können diese Probleme nicht geklärt werden, gestalten sich die Bergungsarbeiten schwierig, wie erst Anfang Juli 2017 der Einsturz eines mehrstöckigen Wohnhauses in Neapel zeigte.

Hier leistet das EMI seinen Beitrag und erweitert im Rahmen des INACHUS-Projekts sein Risiko­analyse­tool VITRUV. Damit können Gebäudeschäden durch Erdbeben und die Anzahl der Personen pro Gebäude in Abhängigkeit der Tageszeit für ganze Stadtgebiete visualisiert werden. Dies hilft entscheidend beim Beantworten der Frage, wohin die Rettungseinsätze geleitet werden sollen. Außerdem werden in einzelnen Gebäuden mittels Modellierung und Simulation durch EMIs Cavity Identification Tool (CIT) mögliche Hohlräume lokalisiert, die für Rettungskräfte als Zugang in den Schutthaufen dienen oder in welchen Überlebende eingeschlossen sein können.

 

Großversuch in Lyon

In einem Großversuch am 31. Mai 2017 in Lyon, Frankreich, traf sich das Projektkonsortium mit 16 Endanwendern, um die neu entwickelten Technologien vorzustellen. Hierzu wurde ein altes Gebäude zum Einsturz gebracht und mit den Gebäudesimulationen verglichen. Auch die neue EMI-Software CIT kam hier zur Anwendung, um potenzielle Hohlräume zu identifizieren.

Zusammen mit der Abrissfirma CARDEM wurde ein geeignetes Gebäude ausgewählt und unter erbebenähnlichen Bedingungen zum Einsturz gebracht. Zu allgemeinen Lagebewertung für die Rettungskräfte wurden 3D-Modelle generiert, die wiederum zur Bewertung von Schäden, Identifizierung von Hohlräumen, Einschätzung der Gebäudestabilität und Bestimmung möglicher Rettungswege beitragen sollten.

Grundsätzlich stand der Vergleich vom realen Ereignis mit den jeweiligen Simulationen im Mittelpunkt. Auf Youtube kann man in Echtzeit den realen Einsturz im Vergleich mit der Simulation durch den Projektpartner ASI (Applied Science International Europe SRL) beobachten: https://www.youtube.com/watch?v=4VF8gb3VYKg&feature=youtu.be

Basierend auf dieser Simulation wurden mit der EMI-Software CIT die Hohlräume bestimmt. Die Endanwender konnten erleben, wie realistisch die Modelle das kollabierte Gebäude und die Hohlräume abbildeten.

Eine erste Orientierung im Chaos ermöglichten außerdem 3D-Bilder, die durch Laserscans vom Boden aus zusammen mit Luftaufnahmen per Drohnen (Unmanned Aerial Vehicles, UAVs) generiert wurden. Die Laserscanner können unterschiedliche Objekttypen, wie Menschen, verschiedene Baumaterialien oder Vegetation, unterscheiden. Durch entsprechende Farbzuordnung zu einzelnen Elementen durch die Endanwender entstand ein klareres Bild des Schutthaufens. Das UAV Imaging Tool erlaubte außerdem, geschädigte Bereiche auszumachen und den Zerstörungsgrad des Gebäudes zu bestimmen.

Die neu entwickelten Technologien sollen in digitale Lagepläne einfließen, die der Koordinierung der Großeinsätze dienen, die solche Katastrophenfälle gemäß der INSARAG (International Search and Rescue Advisory Group) begleiten müssen. Somit würde stets ein Überblick mit den neuesten Daten und Rettungsaktivitäten geboten.

Das großangelegte Experiment war Nummer zwei einer vierteiligen Testreihe. Hier finden Sie die Pressemitteilung zum Großversuch auf der INACHUS-Homepage: https://drive.google.com/file/d/0BzgAgXQ5LS6IOHNYclVLT3doejg/view

 

Das Projekt INACHUS

INACHUS steht für Technological and Methodological Solutions for Integrated Wide Area Situation Awareness and Survivor Localisation to Support Search and Rescue (USaR) Teams. Im EU-Forschungsprojekt, das im Rahmen des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms gefördert wird, werden Maßnahmen erforscht, welche die Erstreaktionen und Rettungseinsätze bei Gebäudeeinstürzen, ausgelöst durch Katastrophenereignisse wie Erdbeben, Stürme, Explosionen und dergleichen, optimieren und verbessern sollen. Das EU-Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren (von Anfang 2015 bis Ende 2018). Die Koordination der 20 Projektpartner liegt beim Institute of Communication and Computer Systems (ICCS).

Homepage von INACHUS: https://www.inachus.eu/